Fein sein, beinander bleibn – der Hausmusikabend der Geschwister Well

(Schwäbisches Tagblatt vom 9.2.2012)

„FEIN SEIN, BEINANDER BLEIBN“

(Von Wolfgang Nussbaumer)

Sie musizieren, was das Zeug hält – über zwei Stunden dauert das neue Programm von sechs Geschwistern der Familie Well an den Kammerspielen.

München Alles falsch. Sie sind nicht fein – und getrennt haben sie sich auch, privat und bühnentechnisch. Kein Wunder nach 50 Jahren Bühnenpräsenz.

Alles richtig. Sie sind ein Herz und eine Seele – sieht man von der Schürhakenattacke mal ab. Fein sein, gemein sein; herzlich, bis zum Schlag. Trau keinem über 50.

Den Hieb mit dem Haken hat sich der Stofferl Well zwar schon in früher Kindheit eingefangen. Die Moni solls gewesen sein. Schlauer ist man auch am Ende dieses unvergleichlichen Hausmusikabends „Fein sein, beieinander bleibn“ in den Münchner Kammerspielen nicht. Wie auch bei 15 Kindern der Well-Familie, von denen der Doppeldreier von der Kleinkunstfront unter der bezwingenden Regie von Liederabend-Meister Franz Wittenbrink zum ersten Mal gemeinsam auf der Bühne seine jeweils eigene Version und dazu noch einiges mehr erinnert.

Tatsächlich erleben wir das Wunder von Günzlhofen, wo alles begann, mit Vater Hermann und Mutter Gertraud. Die „Wellküren“ und die „Biermösl Blosn“, bei denen der Karli für den ausgeschiedenen Hans eingesprungen ist, sie schaffen das Kunststück, das Familieninnenleben eins zu eins auf die Bühne zu übertragen, so dass jeder, der nicht als Einzelkind nach Reibungsflächen suchen muss, weiß, was Sache ist. Sie transformieren die Trapp- zur Trash-Familie. Was für eine Gaudi mit Hinternsinn, wenn sie lammfromm singen, wie wohl es den von Guttenbergs, Ramsauers und Söders, den Schüttl-Schorsch nicht zu vergessen, im Darm von Übervater Horst Seehofer ist.

Mehr sei nicht verraten. Außer, dass Well-Freund Gerhard Polt als Nikolaus der 92 Jahre alten Mutter Gertraud eine Rute zur dringend notwendigen Züchtigung ihrer Brut überreicht, Stefan Merki als Schweizer Ex-Schwager punktet und Jochen Noch als Pfarrer der bitterbösen Satire einen kräftigen Schuss Weihwasser verpasst.

So bewegt sich das muntere multimusikalische Geschehen vor Bilderbuchalpenpanorama zwischen Andachtsjodler und Alpenwahnsinn. Selbst für Nichtbayern lohnt sich die Wellfahrt nach München zu Bärbi, Karli, Burgi. Michael, Moni und Christoph. Auch wer nicht alles verbal versteht, begreift musikalisch alles.

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